Die Rückkehr des Gentleman

Ein Krieger mit unerschrockenem und starkem Herzen, der einer Gemeinschaft dient.
In reiner Form kein blind-brutaler Haudrauf, sondern ein Mann, der sich dem Besitz und der Verteidigung des Schönen, des Gerechten und des Guten verschrieben hat.
Alles Güter, die keinen materiellen Gewinn abwerfen. Also auch in dieser Zeit irgendwie gentilis, irgendwie anders. Besonders schön nachzulesen bei Cervantes‘ Don Quixote, einem Ritter, der bedingungslos und stolz für die Liebe und Gerechtigkeit kämpft, allem Hohn und Schmähungen zum Trotz.
Und wie passt dann der Gentleman in die heutige Welt, kann er dem Credo der Selbstbezogenheit und Beliebigkeit etwas entgegensetzen? Der Philosoph Martin Scherer zeichnet in seinem Buch „Der Gentleman – Plädoyer für eine Lebenskunst“ eine Figur, die fernab des In-den-Mantel-Helfens einen besonderen Hang zur ehrlichen Höflichkeit besitzt, ohne Kalkül also. Dieser Respekt und die Achtung der Anderen bedürfen einer inneren Moral, einer aktiven Toleranz und großem Taktgefühl. Will man den Anderen an dessen, nicht an den eigenen Maßstäben messen, muss man Selbstbeherrschung üben.

So gründen sich die Qualitäten des Gentlemans nicht auf Äußerlichkeiten, sondern auf das Streben nach innerer Erhöhung.
Mitgefühl zeigen statt Coolsein -– als Markenzeichen einer kalten Welt. Das Herz also über den rationalen Intellekt stellen, die schwere Rüstung der Selbstbehauptung ablegen.
Viele Umbrüche unserer Zeit vermitteln die Einsicht, dass mehr Ausstrahlung, mehr Wärme nötig sind. Damit ist nicht die Klimaerwärmung gemeint.
Großherzigkeit als thermische Qualität sollte jeden Gentleman durchfließen, wie auch das Kleid einer stoischen Lebenskunst passen sollte: unerschütterlich sich voller Hingabe der Welt und der Wirklichkeit zu widmen und gleichzeitig sich vor ihr zu bewahren. Also tätig sein, ohne ständig zu jammern.
In einer Zeit, in der uns tugendhaftes Handeln nur sehr selten vorgelebt wird, versucht der Journalist Alexander von Schönburg in seinem Buch „Die Kunst des lässigen Anstandes“ dem Begriff der Nobilität, des edlen Rittertums neues Leben einzuhauchen. Anhand von 27 Tugenden erklärt er, wie man adelig wird, ohne im Besitz eines Titels zu sein. Denn Ritterlichkeit ist und war nie eine Frage der Geburt.
Das Ideal eines Gentleman-Ritters fasziniert, wenn er es schafft das Unversöhnliche zu versöhnen. So erkennt der Gentleman die Qualitäten seines Geschlechts und reichert sie um vermeintlich weibliche Tugenden an. So mag er Klarheit, Mut und emotionale Stabilität mit Wärme, Bescheidenheit und Mitgefühl vereinen. Ein wahrer Gleichgewichtskünstler, der ausgleichende Antworten auf Fragen sucht, wie z. B. „besser Fleischesser oder Veganer sein?“ oder „alle Ausländer raus oder alle Migranten rein?“