Wohl und Wehe der Pflanzen – Warum auch sie Anspruch auf artgerechte Haltung haben
Haben sie sich schon mal überlegt, wie es einem Lebewesen geht, das um die halbe Welt verfrachtet worden ist, um schließlich als Dekorationsartikel verramscht zu werden?
Diese Frage stelle ich mir oft, wenn ich in einem Möbelhaus stehe und Pflanzen sehe, die wochenlang in kleinen Plastiktöpfen, trockener Luft und künstlichem Licht ausharren müssen.
Empfindsame Lebewesen, die in tropischen Wäldern zu Hause waren.
Das wirkt auf mich genauso wie der Anblick eines Goldfischs im Wasserglas:
eine Tierquälerei, die – obschon verboten – noch heute gang und gäbe ist.
Pflanzen sind anspruchslos, so die verbreitete Meinung.
Ihnen genügen ein paar Nährstoffe und etwas Wasser. Doch wie weit trifft das wirklich zu?
Wie sich Pflanzen fühlen, weiß niemand so genau.
Sie beklagen sich nicht, schreien nicht und laufen nicht davon. Es braucht Zuwendung und Erfahrung, um zu erkennen, dass es einer Pflanze schlecht geht.
Doch man kann es erkennen. Spätestens, wenn deren Lebensenergie nicht mehr zum Überleben reicht und sie verkümmert.
Worin besteht das Wohl der Pflanzen?
Keine einfache Frage. Meist steht zwar auf dem Preisschild, wie viel Sonne und Wasser eine Pflanze braucht, ihre Bedürfnisse sind jedoch vielfältiger.
Inzwischen hat die Forschung nachweisen können, dass Pflanzen ein Sozialleben führen, dass sie mehr Sinne besitzen als Tiere, dass sie für ihre Nachkommen sorgen und sich bei Angriffen zur Wehr setzen.
Was machen wir nun mit diesen Erkenntnissen?
- Müssen wir den Pflanzen das Recht auf Kontakte mit Artgenossen ermöglichen?
- Fühlt ein Mammutbaum mehr als ein Grashalm?
- Verdienen also größere Pflanzen mehr Anteilnahme?
Wir lassen ja auch dem Delfin mehr Empathie zuteilwerden als der Sardine.
Behandeln wir die Pflanzen deshalb so teilnahmslos, weil wir es nicht der Mühe wert finden, ihnen Empathie entgegenzubringen?
Fehlt uns denn das Bewusstsein dafür?
Auch Pflanzen haben das Recht auf eine natürliche Umgebung, auf ein Sozialleben, auf die Erhaltung ihrer Art.
Sie haben das Recht, als Lebewesen behandelt zu werden, ob bei der Züchtung, im Handel oder in der Forschung.
Es ist eine einmalige Errungenschaft, vor der die ganze Welt den Hut zieht, dass in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft Vorschriften über den Umgang mit Pflanzenkeimen und Erbgut zu finden sind.
Wir dürfen es nicht dabei belassen, müssen weitergehen.
Es ist unsere Pflicht, uns mit Pflanzen als Lebewesen ernsthaft zu befassen, uns zu überlegen, welchen Umgang mit ihnen wir ethisch vertreten können und dafür zu sorgen, dass die bestehenden Vorschriften ausgelegt, angewendet und ergänzt werden.
Dieser Artikel wurde in der Ausgabe Nr. 153 (3/2018) des Magazins Abenteuer Philosophie veröffentlicht.
Eine Antwort
Schön das es mal jemand anspricht. Wiedermal hat die Schweiz die Nase vorn.