Digital Detox

Digital Detox

Für Digital-Natives (Eingeborene)und Digital-Addicts (Süchtige)

Die Statistiken zeigen deutlich den Anstieg der Online-Zeiten von Jahr zu Jahr. Auch wird von einer Internet- oder Social-Media Sucht gewarnt. Was ist dran, was steckt dahinter und was kann man dagegen tun (Digital Detox)?

Laut einer Statistik (von statista.com) verbrachten im Jahr 2020 Jugendliche im Alter von 12 – 19 Jahren durchschnittlich 4,3 Stunden täglich im Internet – was einer Verdoppelung seit 2007 entspricht. Hier ist Videostreaming, Social Media und Messaging inkludiert.
Im Menschen existieren grundlegende Bedürfnisse und Ängste, die wir mit den Phänomenen des Internet verbinden können.

SUCHE NACH DER SCHÖNHEIT

Selfie

Seit es den Menschen gibt, sucht er nach Schönheit, sowohl in der Kunst als auch im eigenen Spiegel. In der Scheinwelt der Influencer, in der jeder vortäuscht, perfekt zu sein und viel retuschiert, verliert man schnell den Bezug zur Realität. Und der Druck wächst, ebenfalls perfekt und „schön“ sein zu wollen!
Das führt unweigerlich speziell unter Teenagern zu Problemen mit dem eigenen Selbstwert und dem Gefühl, nicht so schön zu sein. Daraus entstehen Angststörungen, Depressionen und der steigende Wunsch nach Schönheitsoperationen.
Wichtig ist hier, den Wert der wahren Schönheit der jungen Generation zu übermitteln: einen schönen, edlen Charakter zu haben, die natürliche Schönheit eines Menschen zu sehen oder ein inspirierendes Musikstück zu hören.

SUCHE NACH IDENTITÄT

Während unseres ganzen Lebens suchen wir unsere Identität. Was anfangs unsere engste Familie ist und später unsere Freunde und das soziale Umfeld sind, wird dann schnell von den sozialen Medien abgelöst. Hier werden künstliche Rollen und Identitäten erschaffen, denen man versucht nachzueifern. Und dabei verlässt man den Weg zur eigenen Identität, die wir nur im Inneren erkennen können. Der Weg zur eigenen Identität ist eine schwierige, aber interessante Aufgabe, die uns zu mehr Authentizität bringt.

PERMANENTE ABLENKUNG ODER ANGST VOR DER EINSAMKEIT?

Einsamkeit

Eine unserer großen Ängste ist die Einsamkeit, die Stille, die Nicht-Bewegung.
In der Entwicklung des Menschen kommt eine Zeit, in der er lernt, alleine zu sein. Vor allem für junge Menschen ist das eine wichtige Phase, in der sie lernen, mit der eigenen Angst umzugehen, um auf natürliche Weise psychisch stark zu werden. Allerdings macht die permanente Internetpräsenz ein Alleinsein unmöglich bzw. wollen wir das selbst nicht.

Was aber ist der Wert des Alleinseins? Wie das Wort schon sagt, ist es der Schlüssel zum SEIN. Der Weg zum Sein führt über die Begegnung mit uns selbst – dazu müssen wir Zeiten des Alleinseins in unseren Alltag integrieren. Unterstützend dazu braucht es Vorbilder, die das Sein vorleben – also jeden von uns!
Fragen wir uns selbst: Verlieren wir uns in Ablenkungen oder schaffen wir Momente des Allein-Seins?

DIE GEWOHNHEIT UND DAS GLÜCKSHORMON

Wußten Sie, dass jeder Like, jede lustige Nachricht, jedes neue Gaming-Level eine wahre Dopamin-Bombe in uns platzen lässt? Wir empfinden ein kurzes Glücksgefühl und natürlich wollen wir unbewusst mehr davon – somit wird es zur Gewohnheit, weil es sich gut anfühlt. Aber offensichtlich ist die Wirkung nur von kurzer Dauer, und wir brauchen Wiederholung. In unserer Selbstreflexion kommen wir unweigerlich irgendwann zu dem Punkt, dass wir hier nicht mehr frei entscheiden und handeln können.

DIGITAL DETOX ODER WIE FREI BIN ICH?

Viele Menschen erkennen bereits ihre Abhängigkeit von sozialen Medien, Smartphone, Streamingdiensten etc. und sie unterstützen einander dabei, auf den Konsum von digitalen Inhalten für eine gewisse Zeitspanne zu verzichten – also digitales Fasten oder Entgiften: Digital Detox.
Ziel ist es, vom Gefühl der permanenten Ablenkung durch Nachrichten, Videos, Messenger hin zu einem bewussten Leben im Hier und Jetzt zurückzukommen – wo wir uns mit unserer realen Umwelt wieder verbinden. Das Smartphone wird dann zu einem nützlichen Begleiter.

Wie gelingt das? Hier ein paar Tipps:

• Reflektiere deine Gewohnheiten: Wie oft schaust du grundlos aufs Handy?
• Nutze einen Wecker statt des Smartphones!
• Leg dir eine Liste mit Favoriten in deinen Kontakten an, die dich immer erreichen können und aktiviere den „Nicht stören-Modus“, wenn du ausschließlich in Notfällen erreichbar sein willst!
• Such dir Gleichgesinnte, mit denen du deine Erfahrungen austauschen kannst!

Die positiven Effekte des Digital Detox sind bessere Konzentrationsfähigkeit, mehr innere Ruhe, mehr Zeit und mehr Präsenz im Hier und Jetzt.
Zurück zu den jungen Menschen von heute, die in der digitalen Welt groß geworden sind – wie gehen sie damit um?
Ein Augenmerk sollte hier auf die Medienkompetenz gerichtet werden. Wo lauern Gefahren und wie kann man digitale Medien gut nutzen, um mit anderen Menschen in Kontakt zu sein? In Gesprächen und durch die eigene Vorbildwirkung können wir hier viel beisteuern! Und gemeinsam hinterfragen, was authentisch ist oder wie man eine gute Unterscheidungskraft entwickeln kann.

Kann man vom Smartphone süchtig werden? Definitiv ja, aber hier gilt es zu unterscheiden, ob es sich um mangelnde Selbstdisziplin, um eine Leidenschaft oder wirklich um ein Suchtverhalten handelt.
Wenn wir von einer Sucht sprechen, betrifft sie jedoch leider alle Generationen und wie es eine Demonstration von Kindern und Jugendlichen zeigt, ist deren Botschaft sehr klar: „Spielt mit uns, nicht mit euren Handys!“

Dieser Artikel wurde in der Ausgabe Nr. 167 des Magazins Abenteuer Philosophie veröffentlicht.