Das Herz
Ein noch immer faszinierendes Rätsel
Immer schon war das Herz für den Menschen ein Mysterium. Die direkte Verbindung des Herzens mit dem Leben gab Anlass, sich nicht nur mit dem Herzen als physisches Organ, sondern auch auf einer metaphysischen Ebene auseinanderzusetzen und die letzten Fragen zu stellen: Was ist beseeltes Leben? Wo komme ich her? Wer oder was bin ich …?
Im alten Ägypten gab es die Vorstellung, dass das Herz bei der Reise ins Jenseits gewogen wird, um zu bestimmen, ob die Seele würdig sei, ins Paradies einzutreten. Das Herz war wie ein Lebensbuch und wurde als das Zentrum der moralischen und spirituellen Reinheit betrachtet. Diese Vorstellung ist sehr ähnlich der christlichen Beschreibung der Seele, die an der Himmelspforte Einlass sucht.
Auch in den Veden, dem Ursprung der indischen Philosophie, fand das Herz besondere Erwähnung. Im vedischen Hinduismus wurde es als Sitz des Atman, des individuellen Selbst, angesehen. Man sah es als den Ort, an dem die göttliche Essenz im Inneren eines jeden Menschen ruht.
Die Vorstellung, dass das Herz Sitz der Seele sei, mag aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar sein, dennoch attestieren verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen dem Herzen bestimmte Eigentümlichkeiten, die andere Organe in diesem Sinne nicht aufweisen. Direkt im Zusammenhang mit Gefühlszuständen vom Körper bzw. vom Gehirn ausgeschüttete Hormone können das Herz beunruhigen und im Extremfall sogar gefährliche Herzrhythmusstörungen und sogar infarktähnliche Krankheitsbilder mit erheblicher Symptomatik auslösen (vgl. „Broken-Heart-Syndrome“ bzw. Tako-Tsubo-Erkrankung).
Umgekehrt schüttet das Herz selbst Hormone aus, die verschiedene physiologische Prozesse steuern (z. B. das sogenannte atriuretische Peptid). So kann man heute, umgekehrt zur antiken Vorstellung, sagen, dass sich seelische Zustände in der Herzfunktion bilden und dort als angenehm oder unangenehm empfunden werden. Das Herz steht aber dennoch in unserer alltäglichen Wahrnehmung für Liebe, Mitgefühl, Leidenschaft und andere tiefste emotionale Erfahrungen.
In der Philosophie des Herzens erkennen wir die Bedeutung unserer emotionalen Welt und die Rolle, die sie in unserem menschlichen Dasein spielt. Es erinnert uns daran, dass wir nicht nur rationale Wesen sind, sondern auch von unseren Gefühlen und unserem Herzen geleitet werden.