Das Herz
ANTIKE
In der Antike hielten die Philosophen das Herz für den Sitz der Seele. Es war ein Symbol für das Zentrum der menschlichen Existenz und emotionalen Erfahrungen. Für die alten Griechen war das Herz der Ort, an dem die innerste Essenz des Menschen, seine Seele, ihren Ursprung hat. Es wurde als Quelle von Gedanken, Gefühlen und Vernunft angesehen. Sokrates glaubte, dass das Herz jener Ort sei, an dem das Wissen und die Weisheit eines Menschen entstehen.
Aristoteles betrachtete das Herz als das Zentrum der Lebenskraft und als den Ursprung von Gefühlen und deren Aufwallungen. Von dort stamme der Antrieb für Liebe, Wut, Trauer und Freude. Dort sei der Ursprung der Leidenschaften, die das Handeln und die Entscheidungen eines Menschen beeinflussen.
Im Mittelalter entwickelten sich verschiedene Vorstellungen über das Herz, die von Philosophie, Wissenschaft und christlicher Religion geprägt waren. Damals waren diese Bereiche eng miteinander verflochten und beeinflussten die Sichtweisen auf das Herz auf unterschiedliche Weise.
In der mittelalterlichen Philosophie wurde das Herz als Sitz der Vernunft und des Denkens angesehen. Thomas von Aquin betrachtete das Herz als das Zentrum der geistigen Fähigkeiten und als Organ, das die höheren kognitiven Funktionen steuert. Er argumentierte, dass das Herz nicht nur ein physisches Organ sei, sondern eben auch vor allem eine metaphysische Bedeutung hätte.
In der christlichen Tradition galt das Herz auch als Ort der Begegnung mit Gott und der damit verbundenen spirituellen Erfahrung. Es wurde als Symbol für die Liebe und Hingabe zu Gott angesehen. Mystiker wie Meister Eckhart betonten die Bedeutung der Herzenserfahrung und der Vereinigung mit dem Göttlichen. Thomas von Kempen beschrieb in der „Nachfolge Christi“ im 15. Jahrhundert die Seelenkämpfe, die am Weg zu reinem monastischen Leben im Herzen ausgefochten werden. Darüber hinaus gab es im Mittelalter auch religiöse Praktiken wie die Verehrung des Heiligen Herzens Jesu. Diese Verehrung konzentrierte sich tatsächlich auf das physische Herz Jesu als Symbol für seine göttliche Liebe und Erbarmen.
MITTELALTER
Die Vorstellungen über das Herz waren im Mittelalter von der antiken Medizin stark beeinflusst. Galen, ein griechischer Arzt und Philosoph, prägte die medizinische Säftelehre. Nach dieser Lehre wurde angenommen, dass das Herz das Blut und die Lebenskraft im Körper verteilte. Es wurde auch angenommen, dass das Herz die Emotionen und das Temperament eines Menschen beeinflusst.
Insgesamt waren die Vorstellungen über das Herz im Mittelalter eng mit den Bereichen Philosophie, Naturwissenschaften und Religion verbunden. Es wurde als Sitz des Denkens, der Lebenskraft, der Emotionen und der spirituellen Erfahrung betrachtet. Das Herz war nicht nur ein physisches Organ, sondern auch ein Symbol für das komplexe Zusammenspiel von Körper, Geist und Seele. Die Vielfalt der Vorstellungen über das Herz im Mittelalter spiegelt die verschiedenen Perspektiven und Interessen dieser Epoche wider.