Die Reue des Prometheus

Die Reue des Prometheus

Prometheus

Was bedeutet dies heute?

Laut Sloterdijk, seit 2017 im universitären Ruhestand, sind die fatalen Folgen dieser Feuer-Formel heute in ihrer ganzen Verheerung sichtbar: Es ist der zerstörerische Verbrauch der Rohstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle – Relikte der „unterirdischen Wälder“ der Erde, wie er schreibt. Eine Zukunft sei nur mit „post-prometheischer, nicht-pyrotechnischer Energiegewinnung“ möglich. Sie werde heute schon auf vielfache Weise realisiert: Solartechnologie, Biogas, Wind- und Wasserenergie, Erdwärme.
Noch unerschlossen seien zudem Möglichkeiten „mikroenergetischer feuerfreier Systeme“, etwa die Umwandlung jeglicher menschlichen Bewegung – von Straßenläufen, in Fitnessstudios oder bei Fahrradfahrten – in Energie. So weit, so bekannt.
Aufschlussreich wird Sloterdijks Auseinandersetzung, wenn er von der vom deutsch-österreichischen Philosophen Günther Anders (1900 – 1992) beschriebenen „prometheischen Scham“ zur „prometheischen Reue“ übergeht.
Denn der „philanthropische Titan“ Prometheus, so Sloterdijk, habe ganz und gar nicht gewollt, dass der Mensch mit seinem Geschenk einen „weltverzehrenden Riesenbrand in einer Unzahl von Herden“ entfachen würde. Er bereut. Doch anders als die Scham ist die Reue mit einem Handlungsimperativ verbunden.

Dieser, und hier wird es interessant, müsse künftig eher lokal denn global umgesetzt werden.
Die entscheidenden Lösungsinstanzen sind für ihn daher nicht die Groß-Akteure der Welt – Großnationen, Megastädte, multinationale Konzerne. Deren Potenz bei der rücksichtslosen Ausbeutung und Verbrennung von Erdöl, Erdgas, Kohle in den „unterirdischen Wäldern“ müsste vielmehr von den Vereinten Nationen rechtlich beschränkt werden, zwecks „Bewahrung des Weltbodenschatzerbes“.
Auch die Nutzung der Kernkraft, die Verpressung von CO2 im Boden oder die Überlegungen, das heißflüssige Erdinnere anzuzapfen – dies alles sieht Sloterdijk kritisch. Denn all dies erfordere „kontrollmächtige“ Großakteure. Der Wurf, den er in dem Buch skizziere, gehe 300 bis 400 Jahre nach vorne, sagte der Autor in einem Interview. „Bis dahin sollten all die hybriden Großstaatsgebilde von heute verschwunden sein.“ Und stattdessen?