Pax cultura
Kultureller Frieden – Frieden durch Kultur Illusion? Notwendigkeit? Herausforderung!
Am 15. April 1935 wurde im Weißen Haus in Washington der „Roerich Pakt“ als erster eigenständiger völkerrechtlicher Vertrag über den Schutz von künstlerischen und wissenschaftlichen Einrichtungen und geschichtlichen Denkmälern in Friedens und Kriegszeiten durch die Vereinigten Staaten und 20 latein-amerikanische Staaten unterzeichnet. 1954 wurden die Inhalte von der Haager Konvention aufgenommen und erweitert und sind auch heute – zumindest auf dem Papier, wenn auch nicht immer in den Köpfen von militärischen Entscheidungsträgern – gültig.
Der Initiator, Nicholas Roerich (1874-1947), war ein russischer Maler, Schriftsteller, Archäologe, Wissenschaftler, Reisender und Philosoph. Er wurde mehrfach für den Friedens-Nobelpreis nominiert.
Ziel ist die rechtliche Anerkennung, dass Schutz von Kulturgütern wichtiger ist als die Nutzung oder Zerstörung für militärische Zwecke, und dass Schutz der Kultur immer Vorrang vor jeder militärischen Notwendigkeit hat.
Drei rote Punkte in einem roten Kreis auf weißem Grund
Das Schutzzeichen zur Kennzeichnung von Kulturgütern sind drei rote Punkte in einem roten Kreis auf weißem Grund. Sie stellen Kunst, Wissenschaft und Religion als die drei bedeutendsten kulturellen Aktivitäten der Menschheit dar. Der Kreis steht dabei als verbindendes Element dieser drei Aspekte in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dieses Symbol wurde auch „Banner des Friedens“ genannt, die auf dem Roerich-Pakt unter dem Namen Pax Cultura basierende Bewegung wurde in Analogie zu den Genfer Konventionen gelegentlich als „Rotes Kreuz der Kultur“ bezeichnet.
Als Visionär und Idealist setzte sich Roerich für den Frieden und den Schutz des kulturellen Welterbes ein, für die Einheit der Religionen und für die Vorstellung, dass die schöpferischen Menschen der Welt die Verantwortung tragen, die Welt zu retten. Seine Botschaft an die Welt lautet: Kunst und Wissen sind die Eckpfeiler der Evolution. Kunst und Wissenschaft werden immer gebraucht, aber in unseren Tagen des Armageddon müssen sie mit allen Kräften unserer Herzen besonders bewacht werden.
Das Bedürfnis nach Kultur ist in Zeiten des Krieges und der menschlichen Missverständnisse besonders stark ausgeprägt. Ohne Kunst ist die Religion unzugänglich, ohne Kunst ist der Geist der Nationalität verloren. Ohne Kunst ist die Wissenschaft dunkel. Dies ist keine Utopie. In der Geschichte der Menschheit gibt es unzählige Beispiele dafür, dass die Kunst das große Leuchtfeuer in Zeiten des Unglücks war.
Schönheit und Wissen sind die Grundlage der gesamten Kultur und sie werden die gesamte Geschichte der Menschheit verändern. Dies ist kein Traum. Wir können es durch die gesamte Geschichte beweisen.
Die unumstößlichen Tatsachen sagen uns, dass seit den primitiven Zeitaltern aller Fortschritt, alles Glück, alle Erleuchtung der Menschheit von Schönheit und Wissen geleitet wurde.
Echter Frieden, echte Einheit wird vom menschlichen Herzen gewünscht. Es strebt danach, schöpferisch und aktiv zu arbeiten, denn seine Arbeit ist eine Quelle der Freude. Es möchte lieben und sich in der Verwirklichung der erhabenen Schönheit ausbreiten. In der höchsten Wahrnehmung von Schönheit und Wissen verschwinden alle konventionellen Trennungen. Das Herz spricht seine eigene Sprache; es will sich an dem erfreuen, was allen gemeinsam ist, was alle erhebt und was zur strahlenden Zukunft führt. Alle Symbole und Tafeln der Menschheit enthalten eine Hieroglyphe, das heilige Gebet – Frieden und Einheit.
In seiner Schrift „Adamant“, „Beautiful Unity“, um 1923, formuliert Roerich: „Es ist ein großer Irrtum zu glauben, dass in unruhigen Zeiten die Kultur vernachlässigt werden kann. Im Gegenteil, das Bedürfnis nach Kultur ist in Zeiten des Krieges und der menschlichen Missverständnisse besonders stark ausgeprägt. So lasst uns an den zukünftigen Frieden denken, der durch Schöpferkraft, Arbeit und Schönheit gestärkt wird.“
Und:
„Es ist unsere Pflicht, für die junge Generation Traditionen der Kultur zu schaffen, denn wo Kultur ist, da ist Frieden … Kunst wird die ganze Menschheit vereinen und das Licht der Kunst wird zahlreiche Herzen mit einer neuen Liebe beeinflussen …“,
denn:
„das Schöne zu betrachten bedeutet, sich zu verbessern“,
sagte Platon.
Dieser Artikel wurde in der Ausgabe Nr. 171 des Magazins Abenteuer Philosophie veröffentlicht.