Mit Platon aus der Krise

Mit Platon aus der Krise

Platon, Leuchtturm

Schon vor 2.400 Jahren forderte dieser wohl bedeutendste griechische Philosoph, dass der Staat dafür Sorge zu tragen hat, das menschliche Niveau im Land zu heben, und nicht allein den wirtschaftlichen Erfolg, die Macht oder den Reichtum in den Vordergrund zu stellen.
Wie weit sind solche Denkansätze – ökologisch, ethisch, wirtschaftliche und politisch – als ein Ausweg aus der aktuellen Krise verwendbar?

Platons Gesamtbild von der Welt und von der Evolution des Menschen

Platon lebte von 427 – 347 v. Chr. In seinen Dialogen beschrieb er, dass das Universum als eine Einheit aufzufassen ist, die aus nicht sichtbaren Ebenen und der sichtbaren Erscheinungswelt besteht. Das Ganze ist von einer harmonischen und ordnenden Kraft – der Weltseele – durchdrungen. Im Kosmos wirken geistige Muster, die wie Idealbilder für die Einzeldinge in der Schöpfung wirken. Sie sind der Sinn und Zweck, die hinter den Wesen und Dingen liegen. Platon bezeichnete sie mit dem Begriff „Ideen“, sie sind ewig und stellen die nicht sichtbare Wirklichkeit dar. Die Einzeldinge, ebenso die Lebewesen einschließlich Menschen, sind unvollkommen, haben aber bis zu einem gewissen Grad teil am Wesen dieser Ideen und können sich in ihrer Entwicklung danach ausrichten. Auf sehr lange Sicht hinaus betrachtet geht die Evolution in Richtung dieser Idealbilder.

Krise

So existieren beispielsweise die Idee des idealen Menschen, aber auch abstrakte Gegebenheiten wie die Idee der Gerechtigkeit oder die Idee des Schönen an sich. Wenn die Ideen in der sichtbaren Welt mehr und mehr verwirklicht werden, entsteht Harmonie und letztlich ein Idealzustand, „das Gute“, wie Platon es bezeichnet hat.

Eines der Ziele Platons war es den Menschen Orientierung für das Leben zu vermitteln

  • Ihnen klarzumachen, dass es ihre übergeordnete Lebensaufgabe ist, das Gute mit dem eigenen Bewusstsein – der Seele – stufenweise zu erkennen.
  • Und dann zu versuchen, das eigene Denken und Handeln danach auszurichten, kurz eine rechte und aufbauende Lebensweise zu praktizieren.

Ist es in der heutigen modernen Zeit angebracht, sich mit solchen Zielrichtungen auseinanderzusetzen? Worin kann der Nutzen bestehen?

Aus Platons umfangreichem Werk werden hier nun drei Themen als Beispiele dargestellt, denen er einen dauerhaften Wert beimaß und welche er zur Umsetzung bei sich selbst oder in der Gesellschaft vorschlug.

Die Beschaffenheit der Seele und die rechte Ordnung im Innenleben

Krise

Seiner Lehre nach stammt die menschliche Seele aus dem Bereich des Geistigen, des Vernünftigen. Das Ziel des irdischen Lebens ist es, diesem Ursprung wieder näherzukommen.

Die Seele besitzt drei Haupteigenschaften:

  • Vernunft: Sie ist der Teil der Seele, der Erkenntnis und Wissen sucht und der Lenker auf dem Lebensweg sein soll. Mit dem Vernunftteil hat die Seele Anteil am Göttlichen.
  • Mut: Der Mut wirkt als Wille und Antriebskraft und soll im Sinne der Vernunft tätig sein.
  • Begierden: Sie sind Kräfte, die zum niederen Teil des menschlichen Wesens gehören und sich oft als Widerstand gegen die Entscheidungen der Vernunft zeigen. Erscheinungsformen sind beispielsweise Habsucht, Gier nach Geld oder Macht oder andererseits auch Angst und Blockaden, etwas Notwendiges zu beginnen.

Alle drei Seelenteile sind notwendig. Um sich selbst günstig lenken zu können, ist jedoch entscheidend, dass die Vernunft den Willen und die Begierden lenkt und nicht umgekehrt. Anders ausgedrückt, der Wille soll die Entscheidungen der Vernunft unterstützen und die Begierden sollen ihr gehorchen.

Welche persönlichen Werte und Tugenden braucht man für das Leben?

Krise

Das Bestreben, ein erstklassiger Mensch zu werden, wird heute überwiegend als Privatsache des Einzelnen angesehen. In den Medien werden – je nach Modewelle – falsche oder wertlose Vorbilder propagiert, der Gesellschaft wird suggeriert, Oberflächlichkeit sei erstrebenswert. Woran soll man sich nun orientieren, am Zeitgeist oder an klassischer Philosophie? Wie kann man sich selbst fördern?

Platon beschrieb, dass die Ausbildung von Tugenden für jeden Einzelnen nützlich sei, weil sie seine Seele bereichern und zum persönlichen Glück beitragen, aber ebenso für die Gemeinschaft, weil das Zusammenleben harmonischer wird, weniger Konflikte auftreten und bereinigt werden müssen.

Er stellte unter den vielen Möglichkeiten vier zentrale Fähigkeiten dar, die zu fördern sind, um sich zu veredeln und als Mensch ein Vorbild zu werden. Er nannte sie Kardinaltugenden (lat. cardinalis, Angelpunkt).

Die vier zentrale Fähigkeiten – die Kardinaltugenden

1. Besonnenheit

Menschen, die ihre Begierden nicht ausreichend lenken können, sollen sich zuerst um Besonnenheit (griech. sophrosyne) bemühen. Das Ziel ist hier, ein Gleichgewicht im Verhalten zu üben und zu festigen. Dadurch werden negative Emotionen im Zaum gehalten, weniger Konflikte entstehen und sinnvollere Entscheidungen werden getroffen. Die Besonnenheit umfasst viele Anwendungsmöglichkeiten: z. B. die Mäßigung, wenn Gefahr droht, Habgier auszuüben, andere auszunutzen oder Dinge und Geld zu wuchern. Alle Dinge sollen hinsichtlich ihres Zwecks und ihres Wertes richtig eingesetzt werden.

Ebenso ist das passende Gleichgewicht zwischen Härte (oder Kälte) und Nachgiebigkeit gegenüber anderen Menschen und auch beim Umgang mit sich selbst zu suchen.

2. Tapferkeit

KriseSie ist von denjenigen Menschen zu üben, die noch nicht ausreichend Durchhaltekraft besitzen, wenn es gilt, wertvolle Handlungen zu Ende zu bringen. Oder die Stärkung der Fähigkeit, etwas zu tun, vor dem man gewöhnlich Angst hat, weil man zu wenig Kenntnisse besitzt und scheitern könnte.

Ebenso, wenn nicht genug Standhaftigkeit gegen Verlockungen (z. B. Bequemlichkeiten) besteht, die von den eigenen Werten und Zielen ablenken. Ziel ist es, sein eigener Lenker zu sein und dadurch mehr persönliche Freiheit und Freude zu gewinnen.

Eine weitere Form der Tapferkeit ist die Zivilcourage. Sie auszuüben heißt, in der Öffentlichkeit als Vorbild zu handeln, für den Schutz gegen Ungerechtigkeiten oder für ein edles Ziel einzutreten, auch wenn dadurch persönliche Nachteile entstehen können.

3. Weisheit

Das Lernen und die Erfahrungen im Laufe der Lebensjahre ergeben langsam einen Wissensschatz. Die Person wird zum Vorbild, weil sie in vielen Fragen objektive Entscheidungen treffen kann und sich für das Gute allgemein einsetzt.

4. Gerechtigkeit

Arbeiten die drei bisher genannten Kardinaltugenden auf richtige Art und Weise zusammen, dann ist das rechte und harmonische Verhältnis bei den Teilen der Seele erreicht. Platon nannte das den Zustand der Gerechtigkeit, die höchste Tugend (areté) bezogen auf die Seele.

 

Eine Antwort

  1. […] er nach 2400 Jahren der einflussreichste aller Philosophen und überflügelt seinen eigenen Lehrer Platon. Nicht schlecht, aber […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert