Arbeit besiegt alles

Arbeit besiegt alles

Arbeit

Eine exzessive Übertreibung der Gewinnmaximierung droht in kulturelle und moralische Dekadenz umzuschlagen,

was letztlich den wirtschaftlichen Fortschritt wieder gefährdet.

Wirtschaftliches Handeln ohne moralische Bindung ist selbstdestruktiv.

Arbeit muss daher sittlich-vernünftige Zwecke verfolgen. Für Gerechtigkeit und Gemeinschaftlichkeit haben die einzelnen Staaten zu sorgen.

Karl Marx – und die Arbeit ist alles

Die gerade genannten sozialistischen Bestrebungen gipfeln schließlich in Karl Marx. Dieser entfaltet wohl die größte und wirkmächtigste Arbeitsanalyse. Er sieht in der kapitalistischen Lohnarbeitsteilung die Quelle allen menschlichen und gesellschaftlichen Übels. Der (meist zu
geringe) Lohn ist kein adäquater Ausgleich für die durch die Arbeit verursachte Wertsteigerung, weswegen Marx den Begriff der entfremdeten Arbeit einführt. Doch er will dies nicht nur theoretisch festhalten, sondern eine grundlegende Änderung der Gesellschaft bewirken.

Denn die Arbeit ist alles. Sie beeinflusst alle anderen geistigen, gesellschaftlichen, politischen, moralischen und sittlich-religiösen Aspekte des Lebens.

Er bezeichnet in ihr drei wesentliche Elemente:

  • den Zwang im Lohnarbeitsverhältnis,
  • das Abdecken der Notwendigkeit der Bedürfnisbefriedigung und
  • die Freiheit zur Wesensentfaltung des arbeitenden Menschen.

Seine gesamtgesellschaftliche Arbeitsrevolution hat stattgefunden, aber eben leider nicht mit dem von ihm erträumten Ergebnis.

Der Kapitalismus im 20. Jahrhundert – die Hingabe ans Geld

Die Romantik des 19. Jahrhunderts ist in der Luft verpufft, die Revolution des Marx fehlgeschlagen. Übrig bleibt der Geist des Kapitalismus, der die Welt dominiert.

Der Erwerbszweck ist zentrales Element im Leben. Berufsarbeit ist „Hingabe an das Geldverdienen“. Alle anderen ethisch-charakterlichen Werte werden großzügig über Bord geworfen. Standesehre, Berufsstolz und Berufszugehörigkeitsgefühle gehören der Vergangenheit an.

Arbeiter werden wie Maschinen verplant, sie werden durch den Rhythmus der Maschinen rhythmisiert und letztlich von den Maschinen überhaupt verdrängt. „Humankapital“ ist ein anderer Begriff für Mitarbeiter oder vielleicht sogar für die Menschen.

Das Geldverdienen wird zum Definitionsmerkmal der Arbeit. Was Blüten treibt, indem die Hausarbeit der Hausfrau keine Arbeit ist, ebenso wenig die Arbeit des Hausmannes. Auch jedes Ehrenamt gilt nicht als Arbeit.

Und wie geht es jetzt weiter?

Die Dimension der Zeit gewinnt immer größere Bedeutung. Die geleistete Arbeit wird als dem Arbeitgeber geopferte Zeit verstanden, um das Einkommen zu erzielen. Es wird die aufgewendete Zeit im Verhältnis zum Geld betrachtet, denn ich verdiene Geld, um meine Freizeit zu
finanzieren
. Und der Beruf tritt in den Hintergrund.

Es braucht immer weniger spezifische Ausbildungen. Man hat vielleicht mehrere Jobs, jobbt mal hier und mal dort und switcht von einem zum anderen, um alles mal auszuprobieren oder einfach, um das zu tun, was man kriegt.

Und nur wenige träumen mehr von einer Arbeit, die sie erfüllt, in der man voll aufgehen kann und die der eigenen Berufung entspricht – denn wer kennt schon seine Berufung?

Wir träumen von einer Zeit, in der es für uns nichts mehr zu tun gibt – das werden dann die Roboter für uns übernehmen.

  • Es ist ein paradiesischer Traum für all jene, die die positiven Werten der Arbeit nicht kennen,
  • ein Albtraum für jene, die trotz allem die Arbeit als Selbstausdruck, befriedigende Anstrengung und Lernfeld schätzen.

Das bedingungslose Grundgehalt spukt in vielen Köpfen, sodass unser (Über-)Leben gesichert ist, auch ohne zu arbeiten. Doch sind wir als Menschen schon bereit dafür?

Wird das Verteilungsgerechtigkeit bringen oder diese noch weiter verzerren? Das bleibt abzuwarten.

Auf jeden Fall ist eine erneuerte und/oder neue Definition der Arbeit längst fällig. Vielleicht sollten wir es beim neuen Versuch mit der Liebe zur Arbeit probieren. Der römische Schriftsteller Vergil prägte nämlich nicht nur den Satz:

„Labor omnia vincit“, sondern auch „Amor omnia vincit“.

Dieser Artikel wurde in der Ausgabe Nr. 158 (4/2019) des Magazins Abenteuer Philosophie veröffentlicht.

 

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