Gaia – unsere Erde ist ein Lebewesen

Gaia – unsere Erde ist ein Lebewesen

Die Natur als ausbeutbare Ressource

Descartes schuf das Maschinenbild des Lebens im 16. Jahrhundert. Er behauptete, dass einzig der Mensch eine Seele in Form seines Geistes hat. Der Natur sowie Tieren und Pflanzen sprach er die Seele ab. Seinen Studenten sagte er bei Tierexperimenten, dass das gequälte Schreien nicht bedeutet, dass diese leiden, sondern dass dieses mit dem Quietschen einer Maschine vergleichbar sei. Mit Galilei und Newton trat dieses naturwissenschaftliche Weltbild seinen Siegeszug an. Francis Bacon forderte, die Natur auf die Folterbank zu spannen und ihr ihre Geheimnisse zu entreißen. Noch heute betrachten wir westliche Menschen die Natur, Pflanzen, Tiere als Ressourcen, die wir nach Belieben nutzen oder ausbeuten. Unser Verhältnis zur Natur ist geprägt durch Kampf und Unterwerfung, denn Darwin hat uns mit seiner Evolutionstheorie erklärt, dass in der Natur nur die Stärksten überleben und sich durchsetzen.

Dabei vergessen wir: Sollten wir die Natur besiegen, gehören wir selbst zu den Besiegten. Derzeit verbrauchen wir pro Jahr beinahe doppelt so viele Ressourcen wie die Erde regeneriert. In nur 50 Jahren hat sich die Zahl der Wirbeltiere um etwa 60 % reduziert, die Zahl der Süßwassertiere um 83 %. Nicht besser steht es um Insekten, Singvögel und unzählige andere Arten, von denen jeden Tag etwa 150 Arten aussterben. Dieser Verlust an Lebensvielfalt ist bedrohlich, weil wir seit Lovelock wissen, dass eine große Vielfalt die Fähigkeit zum Ausbalancieren eines Ökosystems steigert. Je geringer die Vielfalt hingegen ist, umso mehr verringern Ökosysteme bzw. auch die Erde als Ganzes diese Fähigkeit.

Marienkäfer

Was brauchen wir für die Wende?

Wer diese Zusammenhänge akzeptiert, weiß auch, dass wir die globale ökologische Krise nicht alleine dadurch lösen werden, dass wir E-Autos fahren und von fossilen auf regenerative Energien umsteigen. Um die Ausbeutung der Natur zu beenden, fordern Stephan Harding und andere Wissenschaftler eine Lebensphilosophie, mit der wir die Erde und jedes Lebewesen als beseelt wahrnehmen. Der Begründer der Tiefenökologie Arne Näess sprach davon, dass jedes Lebewesen einen intrinsischen Wert hat und nicht auf den Wert reduziert werden darf, den wir ihm als Ressource beimessen.

Sich von der Natur berühren lassen und sie liebevoll berühren

Andreas Weber fordert eine „erotische“ Ökologie. Wie können wir uns von der Natur wieder berühren lassen und lernen, sie liebevoll zu berühren. Das mechanistische Weltbild und die seit der Aufklärung einseitig betonte Rationalität und Logik haben unsere Sinneswahrnehmungen, das Bewusstsein unsere Gefühle sowie unserer Empathie verkümmern lassen. Die einseitige Wissenschaft lehrte uns, alles rational und objektiv zu betrachten: dabei stören Empfindungen, Gefühle und subjektive oder gar subtile Wahrnehmungen oder Intuitionen. Die Natur wird hauptsächlich in Laboren und mit quantitativen Methoden untersucht und den Kindern in Klassenzimmern mit sterilen Schulbüchern oder Filmen nahegebracht.

Welche anderen sinnlichen Erfahrungen und Gefühle ermöglicht uns hingegen ein Waldspaziergang, die aufmerksame Betrachtung einer Blumenwiese oder einer einzelnen Blume, das Lauschen des Konzerts der Vögel vor dem Sonnenaufgang, oder im nächtlichen Sternenhimmel zu versinken. Welch andere Erlebnisse ermöglicht uns die gemeinsame körperliche Arbeit mit anderen Menschen in einem Permakulturgarten.

Gärtnern